
Nach siebenjähriger Unterbrechung fand am 4. und 5. Juni 2025 erneut das Deutsch-Polnische Forum statt – eine einzigartige Plattform für den zwischenstaatlichen Austausch. Hier treffen sich Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Institutionen und der Zivilgesellschaft, um gemeinsame Perspektiven zu diskutieren. Die GdpN-Sąsiedzi war in diesem Jahr mit drei Vorstandsmitgliedern vertreten.
Bereits in den Eröffnungsreden – unter anderem durch den polnischen

Außenminister Radosław Sikorski und seinen deutschen Amtskollegen Johann Wadepuhl – war eine spürbare Verbesserung des politischen Klimas zwischen beiden Ländern zu erkennen. Am zweiten Veranstaltungstag standen verschiedene Themenworkshops auf dem Programm. Unser Fokus lag auf den Bereichen „Zivilgesellschaft“ und „grenzüberschreitende Zusammenarbeit“.
Die zentrale Rolle zivilgesellschaftlicher Akteure für stabile nachbarschaftliche Beziehungen wurde in vielen Beiträgen hervorgehoben. Dabei wurde betont, dass Zivilgesellschaft nicht nur aus institutionellen Strukturen besteht, sondern ebenso aus ehrenamtlich arbeitenden Organisationen. Gerade letztere stehen vor besonderen Herausforderungen – etwa beim Zugang zu Informationen über Fördermöglichkeiten sowie bei der Beantragung und Abrechnung von Fördermitteln.

Ein weiterer Aspekt wurde ebenfalls deutlich: Neben der wichtigen Bildungsarbeit mit Kindern und Jugendlichen verdient der gesellschaftliche Mittelbau, aber auch die Gruppe der Senioren, stärkere Aufmerksamkeit. Diese Gruppe ist politisch besonders wirksam und kann Entwicklungen maßgeblich beeinflussen.
Was es braucht, ist mehr Durchlässigkeit zwischen den Bereichen Politik, Wissenschaft, Think-Tanks und Zivilgesellschaft. Denn zivilgesellschaftliche Organisationen sind nicht nur Akteure, sie sind auch Multiplikatoren. Damit dieser Austausch gelingt, müssen Formate entwickelt werden, die unterschiedliche Arbeitsrealitäten berücksichtigen: Ehrenamtlich Engagierte arbeiten tagsüber in ihren Berufen, während Vertreter von Institutionen, Verwaltungen und Politik dann bereits tätig sind. Eine bessere zeitliche Abstimmung – etwa durch abendliche oder hybride Angebote – ist notwendig, um echte Beteiligung zu ermöglichen.

Gleichzeitig braucht es Mut zur Veränderung – auch innerhalb der Zivilgesellschaft selbst. Neue Formate und frische Ansätze, etwa durch die gezielte Einbindung jüngerer Mitwirkender oder durch die aktive Ansprache entfernterer Verwandter und Familienkreise, können Engagement beleben. Dabei darf nicht vergessen werden: Auf beiden Seiten – in Verwaltungen wie in Vereinen – arbeiten Menschen, die oft ansprechbar sind und helfen wollen. Es gilt, offen aufeinander zuzugehen, miteinander zu kommunizieren und Vernetzung als aktiven Prozess zu begreifen.
Im Workshop „grenzüberschreitende Zusammenarbeit“ wurde ein zentrales Defizit sichtbar: Es fehlt an strukturierter Vernetzung zwischen staatlichen und zivilgesellschaftlichen Akteuren – und häufig auch an finanziellen Mitteln, so die Wahrnehmung.

Vor diesem Hintergrund habe ich angeregt, die bisherigen Ansätze neu zu denken. Die Erfahrungen aus der Corona-Zeit und die aktuellen Herausforderungen durch verstärkte Grenzkontrollen zeigen: Der deutsch-polnische Verflechtungsraum braucht eine rechtliche Neubewertung. Ein rechtlich definierter Sonderraum könnte – gerade in dünn besiedelten Grenzregionen – gemeinsame Verwaltungsstrukturen fördern und im Krisenfall handlungsfähig bleiben. Kontrollen könnten außerhalb dieses Raums organisiert werden, grenzübergreifende Kooperation bliebe bestehen.
Natürlich ist das zunächst eine Vision, keine kurzfristig umsetzbare Maßnahme. Aber sie ist ein Ausgangspunkt für weiterführende Diskussionen.
Das Deutsch-Polnische Forum 2025 war eine wertvolle Gelegenheit, Kontakte zu knüpfen, Netzwerke zu stärken und Positionen zu verdeutlichen. Jetzt gilt es, den begonnenen Dialog weiterzuführen – und konkrete Schritte für eine zukunftsfähige Zusammenarbeit zu entwickeln.
Christian Schmidt