Deutsche Minderheit in Polen – Geiseln der polnischen Innenpolitik

Die deutschsprachigen Kinder der deutschen Minderheit  in Polen werden zu Geiseln der polnischen Innenpolitik. Die Fördergelder für den muttersprachlichen Unterricht werden um ein Fünftel gesenkt und der Unterricht von 3 auf 1 Wochenstunde reduziert. Die Begründung: In Deutschland werde der Unterricht in polnischer Sprache für die im Land lebenden Polen nicht angemessen gefördert und spricht dabei von einer in Deutschland lebenden „polnischen Minderheit“. Ein völlige Verkennung der Realität.

Mit der Entscheidung des polnischen Sejm vom 17.12.2021 die Mittel für den muttersprachlichen Unterricht der deutschsprachigen Minderheit zu kürzen und die Anzahl der Unterrichtsstunden  zu kürzen, verstößt die polnische Regierung gegen eigenes Recht. Die Förderung des Unterrichts in deutscher Sprache für die deutschsprachige Minderheit ist in der polnischen Verfassung (Art. 35) festgelegt. Besonders hervorzuheben ist, dass diese Kürzung der Mittel nicht für die anderen Minderheitssprachen in Polen gilt. Dies widerspricht dem Gleichheitsgrundsatz, der im Artikel 32 der polnischen Verfassung verankert ist.

Die in völliger Ignoranz der historischen Zusammenhänge geforderte Gleichstellung der deutschen Minderheit in Polen mit den zugewanderten Polen in Deutschland wird allgemein zurückgewiesen. Die derzeitige Haltung gegenüber der deutschen Minderheit reiht sich ein in eine antideutsche Polemik der PiS-Regierung, die damit auf Stimmengewinn hofft. In der sich steigernden Paranoia angesichts einer drohenden deutschen Gefahr in einem „IV. Reich“ (Jarosław Kaczyński, 01.12.2021) ist die polnische Regierung bereit, die immer noch guten Beziehungen zu seinen Nachbarn weiter aufs Spiel zu setzen.

 

Quellen:

Artikel 32 der Verfassung der Republik Polen:

  1. Alle sind vor dem Gesetz gleich. Alle haben das Recht, von der öffentlichen Gewalt gleich behandelt zu werden.
  2. Niemand darf aus welchem Grund auch immer im politischen, gesellschaftlichen oder wirtschaftlichen Leben diskriminiert werden.

Artikel 35 der Verfassung der Republik Polen:

  1. Die Republik Polen gewährleistet denjenigen polnischen Bürgern, die einer nationalen oder ethnischen Minderheit angehören, die Freiheit der Erhaltung und der Entwicklung der eigenen Sprache, der Erhaltung der Sitten und Gebräuche und die Freiheit der Entwicklung ihrer eigenen Kultur.
  2. Nationale und ethnische Minderheiten besitzen das Recht, eigene Bildungs- und Kulturinstitute und andere Einrichtungen zu gründen, die der Wahrung der religiösen Identität dienen; sie haben das Recht, über ihre eigene kulturelle Identität mitzuentscheiden.
  • Podcast „Mit Polen auf Du und Du“, Folge 41, Gespräch mit Rafał Bartek (dt. Minderheit in Polen) www.gdpn-sasiedzi.org
    zu finden auch bei Spotify, ApplePodcast u.v.a.
  • Tagesschau (Jan Pallokat)

Das polnische Parlament hat entsprechende Mittel für muttersprachlichen Unterricht um knapp ein Fünftel gekürzt; es geht um 40 Millionen Zloty, knapp zehn Millionen Euro weniger.

Deutsche Minderheit in Polen: Weniger Geld aus Warschau | tagesschau.de

  • SPD

Das Manöver zulasten der Minderheiten in Polen dient offensichtlich den Hardlinern in den Reihen der polnischen Regierungskoalition, um innenpolitisch mit anti-deutschen Initiativen Punkte zu sammeln. Dass mitten in Europa nationale und regionale Minderheiten und ihre Mehrsprachigkeit nicht als Bereicherung, sondern als Last begriffen werden und man sie zur Geisel politischer Interessen machen will, entspricht nicht unserer Vorstellung eines vereinten Europas. Es schadet den deutsch-polnischen Beziehungen, die uns sehr am Herzen liegen.

Mittelkürzungen für Minderheiten in Polen | SPD-Bundestagsfraktion (spdfraktion.de)

  • Sozial-kulturelle Gesellschaft im Oppelner Schlesien

Es sind die Kinder, die am meisten daran leiden werden, betonte der Vorsitzende der Sozial-Kulturelle Gesellschaft der Deutschen im Oppelner Schlesien, Rafał Bartek. Als Gesellschaft sollten wir uns um die bestmögliche Ausbildung der künftigen Generationen kümmern. Indem wir ihnen die Möglichkeit nehmen, in der Schule Deutsch zu lernen, nehmen wir ihnen die Chance auf einen guten Start in den Arbeitsmarkt. In den letzten Jahren ist die Woiwodschaft Oppeln, gerade wegen seiner Arbeitskräfte mit Sprachkenntnissen, für Investoren attraktiv geworden. Indem wir die Möglichkeit nehmen, diese Sprache zu lernen, nehmen wir uns gleichzeitig die Gelegenheit, unsere Region zu entwickeln. Damit schadet man nicht nur der deutschen Minderheit, sondern auch der gesamten Region.

Pressemitteilung nach der Konferenz über die Kürzung der Bildungssubventionen – Deutsche Minderheit, Sozial-Kulturelle Gesellschaft der Deutschen im Oppelner Schlesien (skgd.pl)

  • SILESIA NEWS

Die deutsche Seite betont die Existenz der deutschen Minderheit in Polen  aufgrund der Grenzverschiebungen nach dem Zweiten Weltkrieg und die in den letzten Jahrzehnten zumeist aus wirtschaftlichen Gründen erfolgte Einwanderung von Polen nach Deutschland. In der öffentlichen Diskussion in Polen wird dies als Antwort bzw. Begründung auf die Ungleichheit seit Jahren nicht akzeptiert. Es wird auf Symmetrie beharrt.

  • Deutsche Welle
    • Jedes der 36 Schulkinder in Grodzisko nehme am deutschsprachigen Unterricht teil, so Kala – obwohl sich nur knapp über die Hälfte der Einwohner zur deutschen Minderheit zählten. Bisher sei drei Stunden pro Woche auf Deutsch unterrichtet worden, nun soll die Stundenzahl auf nur eine reduziert werden – das Aus für die Schule, wie die Lehrerin betont.

      Weniger Deutschunterricht für Polens Schulkinder | Europa | DW | 25.01.2022

 

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